Suche nach tätig gelebter Liebe Von Klaus Ulrich Ruof, Reinhold Parrinello  | 

Neue Soziale Grundsätze auf Deutsch erschienen

Die Collage hat zwei Teile: links einen bunten Baum aus vielen Menschen, die von oben betrachtet werden, und rechts die Titelseite des Hefts mit den neuen Sozialen Grundsätzen, auf der ebenfalls der Baum abgebildet ist.
»Im Methodismus ist tätige, klug gelebte, verändernde Liebe immer wichtiger als möglichst korrekte Wahrheitserkenntnis.« Das schreiben die beiden Bischöfe Harald Rückert und Werner Philipp in ihrem Geleitwort zur deutschen Ausgabe der neuverfassten Sozialen Grundsätze.
Bildnachweis: Abbildung des Heft-Titels (Grafik Toby Wolf); Collage: Ralf Würtz
Vor dreizehn Jahren erfolgte der Anstoß für eine Neufassung der Sozialen Grundsätze. Jetzt liegt der Text in einer deutschen Übersetzung vor.
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Der neue Text der Sozialen Grundsätze der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) in der Fassung von 2024 liegt jetzt in deutscher Sprache vor. Im zurückliegenden Februar hatten die Delegierten der Zentralkonferenz Deutschland die deutsche Übersetzung verabschiedet. Jetzt liegt der evangelisch-methodistische Grundlagentext als gedrucktes Heft in der Reihe »EmK-Forum« vor.

Die Anfänge der Sozialen Grundsätze

Die Generalkonferenz der Bischöflichen Methodistenkirche, ihr höchstes Kirchenparlament, beschloss 1908 ein »Soziales Bekenntnis«. Damit integrierte die Kirche eine wichtige Strömung der protestantischen Theologie jener Zeit, die unter dem englischen Begriff »Social Gospel Movement« aufgekommene Bewegung des sozialen Evangeliums. In diesem am Beginn des 20. Jahrhunderts formulierten kurzen Text, der kein liturgisches Bekenntnis war, ging es hauptsächlich um gerechte Verhältnisse zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

Noch im selben Jahr nahm der nationale protestantische Kirchenrat in den Vereinigten Staaten eine bearbeitete Fassung als »Social Creed of the Churches« an, als das »Soziale Bekenntnis der Kirchen«. In den folgenden Jahren übernahmen es Mitgliedskirchen dieses Kirchenrats. Manche von ihnen entwickelten das »Soziale Bekenntnis« im Lauf der Zeit weiter. Das traf auch zu für die Bischöfliche Methodistenkirche sowie die aus der methodistischen Bewegung hervorgegangene Kirche der Vereinigten Brüder in Christo. Letztere brachte ihr »Soziales Bekenntnis« bei der Vereinigung 1946 mit der Evangelischen Gemeinschaft zur Evangelischen Vereinigten Brüderkirche mit in diese Kirche, die im deutschen Sprachraum weiterhin »Evangelische Gemeinschaft« hieß.

Bei der 1968 erfolgten Vereinigung der Methodistenkirche und der Evangelischen Vereinigten Brüderkirche zur Evangelisch-methodistischen Kirche brachten beide Kirchen ihre jeweils auf mehrere Seiten angewachsenen unterschiedlichen »Sozialen Bekenntnisse« mit. Eine Arbeitsgruppe verfasste als Ersatz ein kurzes »Soziales Bekenntnis« sowie einen längeren Text, die »Sozialen Grundsätze«. Bei der Generalkonferenz der EmK 1972 wurden sie engagiert diskutiert und in geänderter Form angenommen. In den folgenden Jahrzehnten wurden die Sozialen Grundsätze immer wieder an die jeweils aktuelle gesellschaftliche und kirchliche Situation angepasst.

Sie enthalten Ausführungen, in denen die verschiedensten Themen formuliert werden, die das menschliche Leben betreffen, und leiten dazu an, wie soziale Gerechtigkeit zum Ziel kommt. Auf umfassende Weise wird erkennbar, wie schon John Wesley und später die methodistische Bewegung das Anliegen sozialer Gerechtigkeit betonte.

Aktualisierung und Globalisierung dringend nötig

Weil die Sozialen Grundsätze in ihren Themen und Formulierungen zu sehr auf die Verhältnisse in den Vereinigten Staaten zugeschnitten waren und Aspekte aus Afrika, Asien und Europa zu kurz kamen, hatte die Generalkonferenz der EmK im Jahr 2012 beschlossen, die Sozialen Grundsätze grundlegend neu zu formulieren. Um eine Neufassung auf der Basis von Überlegungen aus der weltweiten Kirche zu erstellen und die Vielfalt der Gesamtkirche darin abzubilden, gab es Konsultationen in weltweit allen Regionen der Kirche. Mit darauffolgenden Stellungnahmen, Online-Umfragen und Rückmeldungen aus Gremien und von Führungspersonen der Kirche wurde das finale Dokument erstellt.

Diese Aufgabe war gewaltig. Schließlich war das Dokument zum Zeitpunkt des Starts ein über vierzig Jahre lang gewachsenes kirchliches Zeugnis. Dieses war zu überprüfen, zu überarbeiten und für die soziale Zielrichtung des Evangeliums der Gegenwart zu aktualisieren. Darüber hinaus sollte der Umfang reduziert werden und die Betrachtungsweise stärker den weltweiten kirchlichen Horizont berücksichtigen. Nicht zuletzt sollten komplexe soziale Fragen verständlich vermittelt werden.

Dieses Ziel, »global ausgerichtet, theologisch fundiert und prägnant«, hatte die Generalkonferenz selbst im Jahr 2012 ausgegeben. Die Neufassung sollte soziales Handeln auf Basis biblischer und wesleyanischer Rückbesinnung vor Augen führen und Impulse zur Umsetzung geben. Dass bis zur Vorlage und Verabschiedung des neuen Dokuments bei der Generalkonferenz 2024 zwölf Jahre vergehen sollten, konnte damals niemand ahnen. Zunächst waren es die Auseinandersetzungen über sexualethische Fragen, die die Kirche jahrelang in Atem hielten. Dann war es die Corona-Pandemie, wegen der die für 2020 geplante Generalkonferenz ins Jahr 2024 verschoben worden war.

Grundsätze, an denen man sich reiben darf

Für die Übersichtlichkeit ist das jetzt vorliegende Dokument in vier Abschnitte gegliedert: Gemeinschaft der gesamten Schöpfung, die wirtschaftliche Gemeinschaft, die soziale Gemeinschaft und die politische Gemeinschaft. In vielen dazugehörigen Unterkapiteln werden die Themen entfaltet, in denen die weltweite Ausbreitung erkennbar wird, und daraus abgeleitet Impulse zum sozialen Handeln ausgeführt.

»Die Sozialen Grundsätze sind ein guter Text, um herauszufinden, wie der Methodismus gesellschaftspolitisch und ethisch ›tickt‹«, schreiben die Bischöfe Harald Rückert und Werner Philipp in ihrem Geleitwort zur Veröffentlichung, die in die Zeit ihres Amtsübergangs fiel. Niemand müsse inhaltlich »alles für richtig halten«. Es seien »Grundsätze, an denen man sich reiben darf«. Der Text lade »zum Gespräch ein, zur gemeinsamen Wahrheitssuche auch im Widerspruch«. Außerdem gehe es um die gemeinsame »Suche nach tätig gelebter Liebe«. »Denn«, so schreiben die beiden Bischöfe weiter, »im Methodismus ist tätige, klug gelebte, verändernde Liebe immer wichtiger als möglichst korrekte Wahrheitserkenntnis.«

Die Autoren

Reinhold Parrinello ist ehrenamtlicher Mitarbeiter der Öffentlichkeitsarbeit der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland. Er lebt in Nürnberg. Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher für die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de

Zur Information

Soziale Grundsätze der Evangelisch-methodistischen Kirche (Neufassung 2024); erschienen in der Reihe EmK-Forum als Heft mit der Nummer 49
Hrsg.: Öffentlichkeitsarbeit der Evangelisch-methodistischen Kirche
8,90 €, Staffelpreise ab 10 St. und ab 25 St.

Zu beziehen bei Blessings 4 you