»Subversiv und revolutionär«
Seit gestern bis zum Sonntag, 25. Mai 2025, tagt in Sehmatal-Cranzahl und Annaberg-Buchholz die Ostdeutsche Jährliche Konferenz. Das ist in der Evangelisch-methodistischen Kirche das Kirchenparlament für einen großen Teil Ostdeutschlands. Das Thema der diesjährigen Tagung, »eingemischt & aufgetafelt« erinnert an Jesus Christus, der sich in diese Welt eingemischt hat und großzügig an seinen Tisch einlädt.
Das Reich Gottes will nicht dominieren, sondern durchdringen
»Subversiv und revolutionär« sei das Bild vom Sauerteig für das Wachsen des Reiches Gottes, sagte Bischof Werner Philipp zur Eröffnung der Ostdeutschen Jährlichen Konferenz. Das Gleichnis vom Sauerteig (Lukas 13,20-21) erzähle von einer Frau, die »altes lebendiges Brot« unter eine Menge Mehl mischte. Sie wirke mit an einer geheimnisvollen Veränderung. Denn in der Folge geschehe etwas Geheimnisvolles. »Der Sauerteig durchsäuert und macht das andere zu etwas Neuem. Darin entdecken wir das Reich Gottes. Es beginnt unscheinbar, nicht durch Druck, sondern von innen heraus. Es will nicht dominieren, sondern durchdringen. Das Herz, die Gesellschaft und die Welt als Ganzes«, so Bischof Philipp.
Das Reich Gottes sei auf Gemeinschaft aus. Deshalb würde zu dieser Konferenz auch aufgetafelt. Dadurch wirke Gott. »Er wirkt durch uns, durch dich und mich.« »eingemischt & aufgetafelt« sei kein Aktionismus, »sondern eine Haltung, die von dem lebt, der durch seine Hingabe am Kreuz selbst zum Brot des Lebens geworden ist.«
Was ist jetzt dran?
Im Mittelpunkt der Beratungen am ersten Konferenztag standen der Bericht von Superintendent Mitja Fritsch und ein Antrag des so genannten »Jungkonvents«. Mitja Fritsch resümierte: »Vieles von dem, was wir derzeit tun, bleibt noch der Versuch, das Bestehende zu optimieren. Das ist nachvollziehbar – aber auf Dauer nicht tragfähig.« Es sei eine Logik von gestern, die die Gemeinden bis hierher geführt habe. Doch diese Logik reiche nur bedingt, um Kirche für das Morgen zu gestalten. Wenn Kirche wirklich in Bewegung ist – oder sich wieder als Bewegung verstehen will –, dann brauche es mehr als bloße Anpassung. »Dann braucht es den Mut, vertraute Sicherheiten loszulassen. Und das Vertrauen, dass Gott uns in das Neue hinein begleitet.« Die Spannung zwischen Loslassen und Festhalten, zwischen Ende und Aufbruch beschrieb Fritsch als ein »Dazwischen«.
Tatsächlich konnten sich viele Konferenzmitglieder mit dem Gedanken des »Dazwischen« identifizieren. Diese Zeit sei eine Zeit des Gebets. Es gelte ein Sterben verschiedenster Arbeiten anzunehmen, aber auch den Blick auf das zu richten, was neu wächst. Auch das »Dazwischen« müsse gestaltet werden. Erinnert wurde an das Gleichnis vom Sauerteig, in dem Jesus erzählt, dass die Frau genau wusste, wie viel Mehl sie benötigt (ca. 50 kg), um Brot für etwa 200 Menschen zu backen. Damit etwas durchsäuert werde, müssen die Zutaten stimmen. Rahmenbedingungen für die Prozesse bezüglich Personal, Finanzen und Immobilien seien wichtig.
Jungkonvent befördert Veränderungsarbeit
Die Konferenz beschloss einen Antrag des »Jungkonvents«. Dieser Konvent verstehe sich laut Mitgliedern als Kreis von Hauptamtlichen, die in den kommenden zwei Jahrzehnten die Zukunft der Evangelisch-methodistischen Kirche im Gebiet der Ostdeutschen Jährlichen Konferenz tragen und gestalten. Dazu gehörten Vernetzung und thematische Diskussionen über die Erfahrungen des Dienstes. Der Kreis spüre Veränderungsdruck und beobachte dies auch bei Menschen, die schon länger das Leben der Kirche mitgestalten.
Aus den Gesprächen des Jungkonvents sei ein Antrag erwachsen, der von Marie-Theres Ringeis (Dresden), Tobias Buschbeck (Drebach) und Michael Kropff (Zwönitztal, Lößnitz) begründet wurde. Der Ernst der Lage sei in vielen Gemeinden noch nicht bewusst. Dabei gehe es um Strukturen der Konferenz, der Bezirke und Gemeinden, aber auch um das geistliche Leben und alle Dimensionen des Dienstes. Selbstverpflichtend und mit Eigenverantwortung wolle man die Prozesse in den Gemeinden voranbringen. Notwendig seien dazu formulierte Rahmenbedingungen bezüglich Personal, Finanzen und Immobilien. Diese sollen nun zügig erarbeitet und den Pastoren sowie den Gemeinden zur Verfügung gestellt werden.
»Danke, dass Sie sich einmischen«
Sehr pointiert äußerten sich die Gäste am ersten Tag. Bürgermeister Sebastian Nestler (Sehmatal) dankte der Konferenz, dass sie nicht bei sich bleibe, sondern sich in das Leben von Cranzahl einmische. Er erzählte von den sichtbaren Zeichen der für den Samstagmorgen geplanten Gebetsstationen. Alte »Türen« wären da und dort aufgestellt. Sie weisen auf die Gebetstationen hin, die die Konferenz am Samstag ansteuern will und die über die Konferenz hinaus den Bürgern in Cranzahl zur Verfügung stehen. Die Stationen sollen Türöffner zu Gott und den Mitmenschen sein.
Bürgermeister Nestler sagte, es würden sich bei ihm Bürger melden, die fragten, ob das denn erlaubt sei, einfach Türen im Ort aufzustellen. »Die Bereitschaft, sich stören zu lassen, ist eben nicht besonders ausgeprägt«, so Nestler. Die Türen seien ein wichtiger Impuls, der alle im gewohnten Trott störe. So mische sich die Konferenz in den Ort und der Glaube in die Gesellschaft ein.
Superintendent Olaf Richter von der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Sachsen grüßte die Konferenz im Namen seiner Kirche und erinnerte an die kirchlichen Entwicklungen, die seine Kirche mit der »Schwesterkirche«, der EmK, verbinde. Kleiner werdende Zahlen, beschwerliche Arbeit und die Sorge um die Zukunft der Kirche biete die Chance, viel mehr miteinander zu tun und gemeinsame Wege zu suchen.
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Der Autor
Stephan Ringeis ist Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit und Rundfunkarbeit der Evangelisch-methodistischen Kirche für die Ostdeutsche Konferenz. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit.ojk(at)emk.de
Zur Information
Die Ostdeutsche Jährliche Konferenz ist ein Kirchenparlament der Evangelisch-methodistischen Kirche. Ihr Gebiet umfasst die Bundesländer Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt und gliedert sich in die Distrikte Zwickau und Dresden. Das Parlament hat rund 160 Mitglieder. Es ist zuständig für rund 110 Gemeinden in 45 Bezirken mit rund 10.300 Kirchengliedern und Kirchenangehörigen (Stand: 31.12.2024).