Norddeutsche Jährliche Konferenz Von Klaus Ulrich Ruof  | 

Wie ein einzelnes Wort die Perspektive verändert

Links der siebenarmige jüdische Leuchter. Rechts steht Pastor Michael Putzke auf der Kanzel und spricht ins Mikrofon. Er hat eine Brille und trägt einen grauen Anzug mit bunter Krawatte. Er schaut ins Publikum und hebt dabei seine rechte Hand.
»Freuen wir uns darüber, welche starken Wurzeln wir im Judentum haben«, sagte Pastor Michael Putzke in seiner Predigt zur Eröffnung der Norddeutschen Jährlichen Konferenz. Die Erlöserkirche der EmK in Bremen bot mit dem siebenarmigen jüdischen Leuchter, der Menora, dafür den passenden Rahmen.
Bildnachweis: Klaus Ulrich Ruof, EmK-Öffentlichkeitsarbeit
Am gestrigen Mittwochabend wurde die Norddeutsche Jährliche Konferenz mit einem Abendmahlsgottesdienst in der Erlöserkirche in Bremen eröffnet.
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Vom 22. bis 26. Mai tagt die Norddeutsche Jährliche Konferenz, das Kirchenparlament für die Evangelisch-methodistische Kirche (EmK) im Norden Deutschlands. Gastgeber sind in diesem Jahr die EmK-Gemeinden im Raum Bremen. In der Bremer Erlöserkirche fand am gestrigen Mittwochabend, dem 22. Mai, der Eröffnungsgottesdienst mit Abendmahl statt. Die Tagung steht unter dem Motto »Die Wurzel, die dich trägt«.

Sich selbst nicht zu schnell freisprechen

Michael Putzke predigte zum Konferenzmotto, das die Verwurzelung des christlichen Glaubens im Judentum thematisiert. Mit drei Beispielen zeigte der leitende Redakteur des EmK-Magazins »Unterwegs« und mit einem Teilauftrag als Pastor an der Erlöserkirche wirkende Prediger auf, wie der Antisemitismus in der heutigen deutschen Gesellschaft in einer Weise »wieder« sichtbar sei, »wie wir uns das nicht vorstellen wollten und konnten«. Die Tage der Konferenz, so Putzke, dienten dazu, sich dieser Situation zu stellen, »denn wir als Christinnen und Christen sind mit dem jüdischen Volk verbunden«.

In drei Schritten entfaltete er die Notwendigkeit, sich antisemitischen Tendenzen zu stellen, die auch im christlichen Kontext vorkommen. Dazu gehörte ein persönlicher Bericht seiner Ehefrau zu ihrer familiären jüdischen Verwurzelung, die aber jahrzehntelang verschwiegen wurde. Außerdem benannte er die Situation jüdischer Menschen in Deutschland, die sich seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober vergangenen Jahres häufig nicht mehr trauten, ihre jüdische Identität in der Öffentlichkeit zu zeigen. Schlussendlich verwies Putzke auf eine Aussage des Apostels Paulus im elften Kapitel des Römerbriefs, mit der er die Konferenzgemeinde ermahnte, sich selbst nicht zu schnell von antisemitischen Tendenzen freizusprechen.

Sich über die Verwurzelung im Judentum freuen

Überraschend und eindrücklich wies er die verborgen wirkenden Denkmuster an einer bekannten Liedphrase nach. Im Lied »Nun preiset alle Gottes Barmherzigkeit!« werde »Israel« in dem Versteil »freue dich, Israel, seiner Gnaden« einfach auf »die Kirche« übertragen. Die Kirche reklamiere für sich, »das neue Volk Gottes zu sein; das jüdische Volk ist jetzt nicht mehr«, macht Putzke auf diese Vereinnahmung aufmerksam. In der neuen Fassung dieser kurzen Sequenz heißt es im evangelisch-methodistischen Gesangbuch (Nummer 79) nun: »Freu dich mit (!) Israel seiner Gnaden«. Des Predigers Schlussfolgerung: »Ein einzelnes Wort wird eingefügt, und die Perspektive ändert sich. Die Haltung ändert sich. Wir freuen uns zusammen mit den Jüdinnen und Juden, Gottes Kinder zu sein.«

Nachdenklich schließt Putzke seine Ausführungen: Zu schnell steckten auch Christen »die jüdischen Traditionen in tiefe Schubladen«. Es gebe jedoch so viel, »das wir mit unseren jüdischen Geschwistern teilen«. Mit dem Bild des Paulus vom Zweig eines wilden Olivenbaums, der in einen edlen eingepfropft ist, weise dieser darauf hin, woher der christliche Glaube komme. »Für Überheblichkeit ist da kein Platz«, kommentiert Putzke dieses Bild und schließt seine Predigt, indem er das Konferenzmotto aufgreift: »Freuen wir uns darüber, welche starken Wurzeln wir im Judentum haben. Sie tragen uns.«

Die anstehenden Beratungen

In den Geschäftssitzungen der Konferenztagung wird neben anderen Tagesordnungspunkten auch die Umstrukturierung der kirchlichen Arbeit ab 2025 beraten. Im geografisch weit ausgedehnten Konferenzgebiet sollen künftig nur noch zwei Superintendentenstellen für die Organisation und Aufsicht genügen statt bisher drei. Die Berufung von zwei Personen für diese Superintendentenstellen mit Dienstbeginn im kommenden Jahr soll während der Konferenz bekanntgegeben werden. Außerdem soll das gesamte Konferenzgebiet in zwölf Regionen aufgeteilt werden. Den Abschluss der Konferenztagung bildet am Sonntag der Konferenzgottesdienst mit einer Predigt des Bischofs Harald Rückert.

Der Autor

Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher für die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de

Zur Information

Die Norddeutsche Jährliche Konferenz ist ein Kirchenparlament der Evangelisch-methodistischen Kirche. Ihr Gebiet umfasst die Bundesländer Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein sowie Teile von Nordrhein-Westfalen, Hessen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Es gliedert sich in die Distrikte Berlin, Essen und Hamburg. Das Kirchenparlament hat rund hundert Mitglieder. Es ist zuständig für 90 Gemeinden in 59 Bezirken mit rund 8.500 Kirchengliedern und Kirchenangehörigen.

Aus dem Rahmenprogramm der Tagung der Norddeutschen Jährlichen Konferenz:

Donnerstag, 23. Mai 2024, 14:30 Uhr
Begegnung mit der Jüdischen Gemeinde Bremen

Freitag, 24. Mai 2024,14:00 Uhr
Gedächtnisfeier
EmK-Christuskirche, Georg-Gleistein-Straße 1, 28757 Bremen-Nord

Freitag, 24. Mai 2024,19:30 Uhr
Abend der Gemeinschaft
Christophoruskirche, Menkestraße 15, 28755 Bremen-Nord

Sonntag, 26. Mai 2024,10 Uhr
Abschlussgottesdienst
Leitung: Irene Kraft, Predigt: Bischof Harald Rückert
Christophoruskirche, Menkestraße 15, 28755 Bremen-Nord