Verfahren wegen Kirchenasyl Von Klaus Ulrich Ruof  | 

Pegnitzer EmK-Pastor erhält Strafbefehl

Pastor Stefan Schörk gewährte einem von Abschiebung betroffenen Mann aus dem Iran Kirchenasyl.
Pastor Stefan Schörk gewährte einem von Abschiebung betroffenen Mann aus dem Iran Kirchenasyl. Jetzt erfolgte ein Schuldspruch »wegen Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt« durch das Amtsgericht Bayreuth.
Bildnachweis: Klaus Ulrich Ruof
Kein Freispruch! Pastor Stefan Schörk wurde »wegen Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt« verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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Der »wegen Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt« an das Amtsgericht Bayreuth vorgeladene Pastor der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) erhielt beim gestrigen Gerichtstermin eine »Verwarnung mit Strafvorbehalt«. Stefan Schörk hatte einem von Abschiebung betroffenen Flüchtling Kirchenasyl gewährt. Die jetzt dafür ausgesprochene Strafe von fünfzehn Tagessätzen summiert sich für den Pastor auf 1.500 Euro. Damit verbunden ist eine Bewährungsauflage von zwei Jahren. In diesem Zeitraum darf sich der für die oberfränkischen EmK-Gemeinden Pegnitz und Bayreuth zuständige Pastor keines weiteren Vergehens in gleicher Sache schuldig machen.

Vom Urteil enttäuscht

»Ich bin über das Urteil enttäuscht; das kann ich nicht ganz verhehlen«, erklärte Schörk direkt nach der Gerichtsverhandlung. Es mache ihn traurig, »dass die Richterin keine andere Einschätzung gewonnen hat«. In einer ausführlichen Stellungnahme hatte er während der Verhandlung seine christlichen Überzeugungen dargelegt. Er wisse, »dass dieses Urteil Signalwirkung über unsere örtliche Grenze hinaus hat«. Trotz des gegen ihn ergangenen Urteils berge der Schuldspruch auch eine Chance, gewinnt Schörk der Situation etwas Positives ab: »Es braucht dringend eine neue Vereinbarung zwischen Kirche und Staat.« Vielleicht sei das Urteil »Anlass genug, um hier weitere Schritte zu gehen«.

Bevor das Urteil rechtskräftig wird, hat Schörk mit seinem Anwalt zusammen eine Woche lang Zeit, das Urteil zu prüfen und gegebenenfalls Einspruch zu erheben. Weil die Richterin das in der Klage geforderte Strafmaß reduzierte, könne auch die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel einlegen, erklärte ein Sprecher des Bayreuther Amtsgerichts. Es sei daher zu erwarten, dass in der zugestandenen Frist in jedem Fall eine der beiden Prozessparteien Einspruch erheben werde. Damit könne in der nächsten Instanz ein obergerichtliches Urteil am dann zuständigen Bayreuther Landgericht erwirkt werden. Im Fall eines Einspruchs wird das Urteil nicht rechtskräftig und bleibt bis zu einem neuen Verhandlungstermin ausgesetzt.

Der Weg in höhere Instanzen scheint vorgezeichnet

Um der Sache willen sei der Weg in eine höhere Instanz nötig, meinte Schörk nach der Verhandlung, ohne dass er zu diesem Zeitpunkt mit seinem Anwalt habe ausführlich sprechen können. Weil besonders in Bayern auf gerichtlichem Wege die Frage des Kirchenasyls kriminalisiert werde, bedarf es seiner Meinung nach unbedingt einer höherinstanzlichen Klärung.

Sogar ein höchstrichterliches Urteil liegt im Rahmen des Möglichen, weil sowohl Kirchen als auch die bayerische Amtsgerichtsbarkeit bei ähnlichen Verfahren bereits darauf hinwiesen, dass die Frage nach der Zulässigkeit und Achtung des Kirchenasyls einer grundsätzlichen Klärung bedürfe. Diese sei auf unteren Ebenen der Gerichtsbarkeit nicht zu erzielen.

Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen

Schörks Anklage und Verhandlung hatte aufgrund der auch durch emk.de erfolgten Berichterstattung große mediale Aufmerksamkeit erfahren. Bei der Verhandlung waren neben einer großen Zahl von Gemeindegliedern aus Schörks Wirkungskreis auch ein Fernsehteam des Bayerischen Rundfunks sowie mehrere Berichterstatter regionaler und überregionaler Medien zugegen.

Auch der für Deutschland zuständige Bischof der Evangelisch-methodistischen Kirche, Harald Rückert, unterstützt die pastorale Fürsorge Schörks mittels Kirchenasyl in einer Notsituation und dankt ihm und seiner Gemeinde »aus tiefem Herzen für ihren außerordentlichen, umsichtigen und mutigen Einsatz für geflüchtete Menschen«. Das erfolgte Urteil stelle den »ohnehin sehr engen Rahmen« in Frage, in dem Kirchenasyl als letztes Mittel des Schutzes und der Hilfe vom Staat toleriert werde. »Dass Menschen kriminalisiert werden, wenn sie nach reiflicher Überlegung und Beratung anderen in einer extremen Notsituation Kirchenasyl gewähren, darf nicht unwidersprochen bleiben«, so Rückert.

Die mediale Aufmerksamkeit, die kirchliche Unterstützung und das staatsanwaltliche Bestreben zeigen, dass das letzte Wort in dieser Sache noch nicht gesprochen ist, auch wenn Richterin Christiane Breunig in der Verhandlung betonte, »Grundrechte werden vom Staat garantiert, und wenn der Staat kein Asyl gewährt, hat das jeder zu akzeptieren«.

Der Autor

Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher für die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de

Weiterführende Links

Berichterstattung Bayerischer Rundfunk
Berichterstattung Nordbayerische Nachrichten
Berichterstattung Süddeutsche Zeitung
Berichterstattung United Methodist News Service

Zur Information

Zum Begriff Kirchenasyl
Die Praxis des heute sogenannten »Kirchenasyls« reicht als Gewährung von Zuflucht an sakralen Orten bis in die vorchristliche Antike zurück. Im Rahmen christlichen Einsatzes für Schutzbedürftige hat diese Praxis eine 1.600 Jahre alte Tradition.

Auch wenn im Begriff »Kirchenasyl« der rechtsrelevante Begriff »Asyl« enthalten ist, ist Kirchenasyl kein rechtswirksames Mittel. Kirchenasyl bedeutet heute im Allgemeinen die vorübergehende Aufnahme von Flüchtlingen durch eine Kirchengemeinde, wenn die Abwendung einer extremen Gefahr für die von Abschiebung betroffene Person durch Kirchenasyl als letztmögliches Mittel nötig erscheint. Damit soll grundsätzlich die Wiederaufnahme oder erneute Überprüfung des asyl- oder ausländerrechtlichen Verfahrens erwirkt oder die Zusicherung einer (erneuten) Härtefallprüfung durch dafür zuständige staatliche Behörden erreicht werden.