Norddeutsche Jährliche Konferenz Von Michael Putzke, Klaus Ulrich Ruof  | 

Das Wort Sackgasse hat seinen Schrecken verloren

Kommando »Leinen los!« für eine Bibelarbeit in ungewohnter Umgebung. Bei einer Schiffspartie auf dem Wannsee ging es in wechselnden Gesprächsgruppen um Erfahrungen, wie sich trotz Sackgassen neue Wege auftun können.
Kommando »Leinen los!« für eine Bibelarbeit in ungewohnter Umgebung. Bei einer Schiffspartie auf dem Wannsee ging es in wechselnden Gesprächsgruppen um Erfahrungen, wie sich trotz Sackgassen neue Wege auftun können.
Bildnachweis: Klaus Ulrich Ruof, EmK-Öffentlichkeitsarbeit
»Leinen los!« hieß es am gestrigen Freitag bei der Tagung der Norddeutschen Konferenz. Bei einer Bibelarbeit »auf dem Wasser« wurden neue Wege gesucht.
3 Minuten

Am gestrigen Freitagvormittag begaben sich die Mitglieder der Norddeutschen Jährlichen Konferenz für die morgendliche Konferenzbibelarbeit aufs Wasser. Unter der Leitung der Pastoren Marco Alferink und Andreas Fahnert ging es unter dem Motto »Leinen los!« um das drohende Scheitern der paulinischen Mission in Kleinasien. Es ging um die Fragen: »Wie gelingt es die Leinen zu lösen?, und »Wie ist es möglich, Sackgassen zu verlassen?« Ausgangspunkt dafür war die Erzählung aus der Apostelgeschichte (Kapitel 16,6-13), in der es darum geht, wie Paulus mit seiner Mission in Kleinasien offensichtlich nicht weiterkommt. Trotz aller Bemühungen heißt es zweimal sehr deutlich, dass es nicht weiterging. Der Heilige Geist habe es nicht zugelassen, dass Paulus und seine Begleiter die Menschen in weiteren Regionen Kleinasiens mit dem Evangelium erreichten. Es ging also nicht weiter, und auch damals war die Frage, wie geht es dann weiter?

Auf dem Wasser und bei Sonnenschein wird es kreativ

Auf dem Ausflugsschiff »Havelstern«, das den im Südwesten von Berlin gelegenen Wannsee befuhr, setzten sich die Teilnehmer in Vierergruppen zusammen, die im Laufe der nächsten anderthalb Stunden zweimal gewechselt wurden. Die Gesprächsform des sogenannten »Weltcafés« dient dazu, möglichst viele Personen innerhalb kurzer Zeit miteinander intensiv ins Gespräch zu bringen. In bunt gemischten Tischgruppen reden die Konferenzmitglieder miteinander. Wichtig ist dabei die Bereitschaft, die anderen am Tisch an den eigenen Gedanken und Erfahrungen teilhaben zu lassen.

Im ersten Gesprächsgang ging es um die Erfahrung des Paulus in Kleinasien: Nichts geht voran, wie groß die Anstrengungen auch sind. An den Tischen ging es ausgehend von der Erfahrung des Paulus um die Situationen selbst erlebter »Sackgassengefühle«. Im kleinen Kreis erzählten die Konferenzmitglieder von medizinischen Diagnosen, die ihr Leben auf den Kopf gestellt hatten. Andere erzählten von Versetzungen, die familiären Stress auslösten, oder wie in der Gemeindearbeit zeitweise nichts mehr voranging.

Die zweite Gesprächsrunde stand unter dem Thema »Wer ruft? Wovon träumst du?«. Der Abschnitt der Bibelarbeit aus der Apostelgeschichte berichtet davon, dass Paulus in der Nacht eine Erscheinung hatte. »Ein Mann aus Makedonien« habe vor ihm gestanden und ihn gebeten: »Komm herüber nach Makedonien und hilf uns!« Beim Austausch an den Tischen ging es darum, wie sich überraschenderweise neue Wege eröffneten. Ein Kommentar nach Abschluss der Bibelarbeit, brachte es selbstkritisch auf den Punkt: »Es war deutlich leichter, von erlebten Sackgassen zu erzählen als von überraschenden Wegen, die herausführten«. Trotzdem gab es an den Tischen angeregten Austausch über Erlebnisse, die überraschende, neue Wege eröffneten.

Raum schaffen für Träume vom Aufbruch

Paulus und seine Begleiter hatten sich auf einen neuen Weg nach Makedonien gemacht. Auf dem Weg dorthin treffen sie dann allerdings nicht den aus der nächtlichen Erscheinung eigentlich zu erwartenden »Mann aus Makedonien«. Vielmehr begegnen sie in der Nähe einer jüdischen Gebetsstätte einigen Frauen, darunter die Purpurhändlerin Lydia. Es war also nicht der »erschienene Mann«, sondern eine Frau, mit der die Mission des Paulus weitergeht. Diese doppelt überraschende Erfahrung, dass eigene Pläne und Überlegungen »über den Haufen geworfen werden«, war Inhalt der dritten Gesprächsrunde. Offenheit, so der Austausch in den Gesprächsgruppen, ist nötig, um sich auf Neues einlassen und einstellen zu können.

Am Ende der Bibelarbeit äußern einige Konferenzmitglieder, was ihnen in den Begegnungen und Gesprächen wichtig wurde. Zwei Personen teilten mit, dass für sie das Wort »Sackgasse« seinen Schrecken verloren habe. Sie hätten neu entdeckt, dass Sackgassen auch die Chance eröffneten, Dinge anders zu machen. »Unsere Denkweisen, sind oft das, was uns blockiert – und wie wir damit auch Gott blockieren«, sagte Claudia Kittsteiner von der Gemeinde Kreuzkirche Berlin-Lankwitz. Häufig, so Kittsteiner weiter, sei das Denken zu sehr festgelegt, um das Neue der sich bietenden Möglichkeiten zu entdecken.

»Wir haben viele Gremien, in denen wir besprechen können, was zu organisieren ist. Aber wir haben kaum Räume, in denen wir Zeit haben, Neues zu entwickeln«, resümierte Gabriel Straka nach der Bibelarbeit. Der Superintendent des Berliner Distrikts wünscht sich viel häufiger »eine Atmosphäre, in der wir träumen können, uns öffnen können, um wieder Träume zu haben«. Deswegen, so erklärte er den Grund für die Durchführung der Bibelarbeit während eines Ausflugs mit dem Schiff, sollten die Konferenzmitglieder mit vielen Ausblicken und Eindrücken angeregt werden. »Trotzdem sollte der Fokus auf die Fragen gerichtet bleiben, die uns im Inneren bewegen: nämlich, wie wir als Kirche vorankommen«.

Der Eindruck der Beobachter: Die Norddeutsche Konferenz ist ein gutes Stück vorangekommen.

Die Autoren

Michael Putzke ist Pastor der Evangelisch-methodistischen Kirche und leitet die Redaktion des zweiwöchentlich erscheinenden Kirchenmagazins »Unterwegs«. Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher für die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de.

Zur Information

Die Norddeutsche Jährliche Konferenz tagt vom 18. bis zum 21. Mai in der Kreuzkirche in Berlin-Lankwitz. Am Sonntag, dem 22. Mai, endet die Tagung mit einem Sendungsgottesdienst in der Heilig-Kreuz-Kirche in Berlin-Kreuzberg. Das Gebiet der Norddeutschen Konferenz umfasst 92 Gemeinden mit 8.644 Kirchengliedern und Kirchenangehörigen (Stand: 31.12.2020) in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, sowie in Teilen von Hessen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.