Zentralkonferenz in Würzburg Von Michael Putzke  | 

Gott handelt »euretwegen«

Ein Mann mit grauem Haar, Brille, purpurfarbenem Kollarhemd, schwarzem Jackett mit Bischofsabzeichen im Revers und Brustkreuz spricht in ein Mikrofon.
Die Zentralkonferenz Deutschland der Evangelisch-methodistischen Kirche ist eröffnet. Bischof Christian Alsted predigt im Eröffnungsgottesdienst in der katholischen Tagungsstätte Exerzitienhaus Himmelspforten in Würzburg.
Bildnachweis: Klaus Ulrich Ruof, EmK-Öffentlichkeitsarbeit
Bischof Christian Alsted: Trotz globaler Krisen und kirchlicher Herausforderungen nicht in der Vergangenheit verharren, sondern mutig Neues schaffen.
4 Minuten

Am gestrigen Mittwochabend, 12. Februar, wurde in Würzburg die Zentralkonferenz Deutschland der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) mit einem Abendmahlsgottesdienst feierlich eröffnet. Die Tagung im Exerzitienhaus Himmelspforten dauert bis Sonntag, 16. Februar. Sie steht unter dem Motto »Schaut hin: Ich schaffe Neues« (Jesaja 43,19).

Christian Alsted, der als Bischof die Region Nordeuropa, Baltikum, Ukraine und Moldawien leitet, predigte im Eröffnungsgottesdienst. Er setzte den Fokus auf die persönliche Zusage, warum Gott »euretwegen« eingreift. Sein Handeln habe Menschen im Blick, die in Not sind. »So spricht der Herr, der Heilige Israels, der euch befreit: Ich habe Boten nach Babylon geschickt, um euch zu helfen.« (Jesaja 43,14) Diese Zusage wende sich an das Volk Israel, das »durch eine feindliche Nation ins Exil verschleppt wurde«, erklärte Alsted in seiner Predigt. Jahrzehntelang erlebte dieses Volk »Entfremdung in einem feindlichen Land«. Jahrelang beteten die Exilanten in »Verzweiflung, Schmerz und Sehnsucht« um Befreiung. Um euretwillen will ich die Situation verändern, verkünde der Prophet. Das sei die Hoffnung, befreit zu werden zu einem neuen Exodus.

Die Welt ist unheil

Der Bischof zog in seiner Predigt eine Linie von der Erfahrung im Exil des biblischen Israels zu Kriegen und Gewalt in der Welt heute. Er erwähnte ein junges Mädchen aus Somalia, das mit ansehen musste, wie Milizionäre ihrer Familie schlimme Dinge angetan haben. Dieses Mädchen müsse Bilder oder filmartige Bilderfolgen im Kopf haben, die eigentlich kein Kind, kein Mensch sehen sollte, so Alsted. Er selbst habe als Bischof mit Menschen in der Ukraine gesprochen, die furchtbare Dinge erleben mussten. Es gebe Böses in der Welt, das »Menschen dazu bringt, schreckliche Dinge zu tun«, folgerte er, um dann die Frage zu stellen: »Sind wir im Stich gelassen worden? Hat sich Gott von uns abgewandt?«

Ausgehend von dieser Frage sprach Alsted dann die Krise der Kirchen an und fragte die Konferenz-gemeinde nach ihren Erfahrungen: Viele Hauptamtliche hätten in den Jahrzehnten ihres Dienstes erlebt, wie Gemeinden kleiner werden. »Erleben wir im 21. Jahrhundert die babylonische Gefangenschaft der Kirche?« fragte Alsted. Was sei jetzt zu tun? Auch jetzt gelte die Botschaft des Propheten. Für die Kirchen heiße dies, nicht in der Vergangenheit steckenzubleiben und sich nach den »glorreichen Tagen« zu sehnen, »als Europa das Zentrum des Christentums« war, zeigte sich Alsted überzeugt. Jetzt gelte vielmehr: »Schaut her, ich schaffe etwas Neues! Seht, es blüht auf.«

Was sollen wir lehren?

Es falle Menschen heute schwer, mit den Herausforderungen unserer Zeit umzugehen. Gerne werde die Schuld auf andere geschoben, kritisierte Alsted. Er erinnerte daran, dass wir viel wüssten, aber nicht danach handelten. »Tief im Inneren wissen wir, dass die Prioritäten anders gesetzt werden müssen.« Das gelte für die Praxis des Glaubens – eine »engere und ehrlichere Beziehung zu Jesus« könne einen weiterbringen –, wie auch das Engagement für Menschen, die belastet seien und Hilfe bräuchten.

Ebenso sei zur Genüge bekannt, dass Krisen die Welt zerreißen würden: die Klimakrise, die Armutskrise und die Kriege, unter denen die Welt leide. Vor allem die Ärmsten der Armen seien davon betroffen. Als Christen dürften wir heute nicht schweigen, folgerte Alsted. In der Weltlage müssten sich die Christen und Kirchen wie auf der ersten methodistischen Konferenz 1744 in London fragen: »Was sollen wir lehren? Wie sollen wir lehren? Was sollen wir tun?«

Die Zusage Jesajas weise in die Zukunft, auf das Neue, das Gott im Begriff ist zu tun, und er tut es »um euretwegen«. Als Jesus in der Synagoge in seiner Heimatstadt predigte (Lukas 4, 16-21), las er aus dem Propheten Jesaja: Er sei gesandt, die frohe Botschaft zu verkünden, die Gefangenen sollen begnadigt werden, die Blinden sollen wieder sehen können. Die Beladenen und Zerschlagenen sollen befreit werden. Dies sei jetzt in diesem Moment wahr geworden. Die Glaubenden lebten von der Hoffnung, dass Gott handelt – »um euretwillen, auch heute«.

Taufurkunde weist in die Zukunft

Zum Ende der Predigt erzählte Bischof Alsted, dass er kürzlich seine Taufurkunde wieder zur Hand genommen habe. Darauf stehe, wann er geboren und getauft worden sei. Wichtiger sei aber, dass sie in die Vergangenheit weist und gleichzeitig in die Zukunft. Die Taufe erinnere daran, dass Jesus damals lehrte und heilte, gekreuzigt wurde, starb, begraben wurde und am dritten Tag von den Toten auferstand. All das geschah »um euretwegen – für dich und für mich«. Zweitens weise diese Urkunde in die Zukunft, in ein Leben in Gottes Gnade. Was die nächsten Jahre tatsächlich bringen werden, wisse niemand, erklärte Alsted. Es könne der Untergang sein oder der Anfang eines neuen, goldenen Zeitalters des Christentums. Niemand wisse es. Dafür sei aber klar, »dass unsere Berufung dieselbe bleibe: nämlich keinen Schaden anzurichten, Gutes zu tun, die Liebe Christi zu teilen, Menschen zu Jüngern zu machen und dadurch die Welt zu verändern«, hielt Bischof Alsted am Ende seiner Predigt fest.

Grüße aus der Ökumene

Im Rahmen des Gottesdienstes überbrachten zwei Personen ökumenische Grüße. Bischöfin Petra Bosse-Huber sprach ein Grußwort für die Evangelische Kirche in Deutschland. Sie erinnerte daran, dass sich die evangelischen Landeskirchen früher von der Evangelisch-methodistischen Kirche und anderen Freikirchen abgegrenzt hätten. Sie sei froh, dass diese – beiderseitige – Abgrenzung überwunden sei. Vor fast vier Jahrzehnten habe man die Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft beschlossen.

Grüße der Deutschen Bischofskonferenz der römisch-katholischen Kirche überbrachte der Magdeburger Bischof Gerhard Feige. Er dankte für das vertrauensvolle Verhältnis, das zwischen den Kirchen heute herrsche. Beide ökumenischen Gäste erinnerten an die gute Zusammenarbeit mit Bischof Harald Rückert in der Ökumene.

 

Weiterführende Links

Predigt von Bischof Christian Alsted (Englisch, PDF)

Der Autor

Michael Putzke lebt in Bremen. Er ist Pastor der Evangelisch-methodistischen Kirche und leitet die Redaktion des zweiwöchentlich erscheinenden Kirchenmagazins »unterwegs«. Kontakt: redaktion(at)emk.de

Zur Information

Der Abschlussgottesdienst am Sonntag, 16. Februar, 10 Uhr, wird per Internet übertragen. In diesem Gottesdienst findet die Amtseinführung des neuen Bischofs sowie die Entpflichtung von Bischof Harald Rückert statt. Die Predigt hält der neue Bischof.

Die außerhalb der Vereinigten Staaten befindlichen Gebiete der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) sind in Zentralkonferenzen organisiert. In Europa sind dies die Zentralkonferenz Mittel- und Südeuropa, die Zentralkonferenz Nordeuropa und Eurasien sowie die Zentralkonferenz Deutschland. Weitere Zentralkonferenz-Gebiete gibt es in Afrika und Asien.

Die Zentralkonferenzen sind der Generalkonferenz, dem weltweit höchsten Kirchenparlament der EmK, nachgeordnet und für die jeweilige Region zuständig. Sie tagen alle vier Jahre, um formale, finanzielle und manche die Ordnung der Kirche betreffende Entscheidungen zu treffen. In Deutschland entsenden die Norddeutsche Jährliche Konferenz, die Ostdeutsche Jährliche Konferenz und die Süddeutsche Jährliche Konferenz Delegierte, je zur Hälfte Pastoren bzw. Pastorinnen und Laien. Darüber hinaus findet im Rahmen der Zentralkonferenz die Bischofswahl oder die Verlängerung der Amtszeit des Bischofs oder der Bischöfin statt. Die Wahl ins Bischofsamt gilt in der Zentralkonferenz Deutschland für zunächst vier Jahre. Eine Wiederwahl für weitere acht Jahre ist möglich. Die maximale Amtszeit beträgt zwölf Jahre. Bischof Harald Rückert ist seit 2017 im Amt und tritt nach der in Würzburg stattfindenden Zentralkonferenz in den Ruhestand.