Zentralkonferenz in Würzburg Von Michael Putzke  | 

Weniger Ballast, mehr Leidenschaft

Das Bild besteht aus zwei Teilen: links die Vorderseite des Hefts EmK-Forum 48 mit dem Titel »Neues wächst«, rechts Bischof Rückert beim Vortrag.
Unter dem Titel »Neues wächst« fasst der aus dem Amt scheidende Bischof Harald Rückert seinen abschließenden Bericht zusammen. Damit wendet er sich an die Delegierten der Zentralkonferenz und an die Menschen in der Evangelisch-methodistischen Kirche. Der Bericht ist als Heft 48 in der Reihe »EmK-Forum« erschienen.
Bildnachweis: Iris Hahn (Foto), Blessings 4 you (Heftgrafik); Collage: Ralf Würtz
Statt Selbstbeschäftigung mehr missionarische Leidenschaft und eine Kirche, die Lust macht, dabei zu sein. Das wünscht Bischof Rückert »seiner« Kirche.
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Die Zentralkonferenz Deutschland der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) tagt in dieser Woche bis zum Sonntag, 16. Februar. Tagungsort ist das in Würzburg direkt am Main gelegene Exerzitienhaus Himmelspforten. Am Beginn des ersten Sitzungstages stand der Bericht des scheidenden Bischofs Harald Rückert unter dem Titel »Neues wächst« im Mittelpunkt.

Perspektivwechsel in der Kirche

Rückert hat seit 2017 den deutschen Teil der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) für acht Jahre geleitet. In diesen Jahren sei die stete Veränderung bestimmendes Motiv gewesen, sagt Rückert rückblickend: »Wir kommen aus einer Phase, in der wir ständig im Krisenmodus waren.« Nachdem vieles bewältigt sei, gebe es jetzt »eine Zeit, in der es mehr Raum geben wird, inhaltliche Akzente zu setzen: theologische, geistliche und programmatische.« Das verbindet Harald Rückert mit einem Satz, den er immer wieder auf den Jährlichen Konferenzen verwendet hat: »Wir begeben uns mit einem Bild von Kirche auf den Weg, das Lust macht, dabei zu sein.«

In der Zukunft werde sich vieles ändern, aber das sei auch eine Gelegenheit, Kirche neu zu denken. »Das bietet die Chance, die missionarische Dimension neu in den Mittelpunkt zu rücken.« Deswegen brauche es »weniger Selbstbeschäftigung, mehr leidenschaftliches und risikobereites Zeugnis«. Ein Beispiel dafür seien Gemeindegründungen. Die EmK brauche in Deutschland Projekte, um Erfahrungen zu sammeln, wie es alternativ gehen könne, »Gemeinde im Geist Jesu Christi zu leben.« So könnten Menschen erreicht werden, die von traditioneller Gemeindearbeit nicht erreicht werden. Aber es gelte: Gemeindeneugründungen und etablierte Gemeinden mit Tradition brauchten einander, könnten sich wechselseitig inspirieren und unterstützen.

Künftig gehe es darum, dass die Menschen in den Gemeinden der EmK eine neue Einstellung gewönnen. Es gehe weniger um Kirche »für mich«, sondern um »mehr Kirche für andere und mich«. Die Notwendigkeit, dass Gemeinden stärker in Regionen zusammenarbeiten müssten, veränderten die Perspektiven. Der Blick solle weniger auf die eigene Gemeinde gerichtet sein. Vielmehr müsse sich die Haltung durchsetzen, die Region sei »unser gemeinsames Kirchspiel«. Wenn Veränderungen nötig seien, gebe es vielfach den Reflex, sich diesen zu entziehen – vor allem wenn es die eigene Person betreffe. Er kenne diesen Reflex auch von sich selbst, gibt Harald Rückert zu und ermahnt die Delegierten mit einem kräftigen Bildwort: »Wo wir bei uns selbst stehen bleiben, werden wir kaum vorankommen.«

Erkennen, wonach Menschen sich sehnen

Was geschähe, wenn Gemeinden den Aufbruch wagten und ein Projekt starteten, fragt er. Das werde zwar in der Regel ein Aufbruch ins Ungewisse sein. Der eingeschlagene Weg könne kaum überblickt werden – auch wenn die Beteiligten gern wüssten, wie die nächsten Schritt aussehen könnten.

Der scheidende Bischof hebt hervor, dass ein Perspektivwechsel nötig sei. Diesen macht er deutlich in kurzen Stichworten wie: »Dabei sein – nicht machen«. Die Kirche könne nicht »durch uns« gerettet werden, ist Rückert überzeugt. »Sie ist Gottes Sache.« Diese Aussage verbindet er mit dem Motto der Zentralkonferenz aus Jesaja 43,19: »Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, erkennt ihr es denn nicht?« Dafür brauche es »unseren Verstand, unsere Einsicht, unseren Willen, Weisheit und Einsatz«, so Rückert.

Kirche biete Heimat für alle, die dazugehörten. Aber Kirche bleibe »kraftlos, lahm und unattraktiv«, wenn nur nach innen geschaut werde, so Rückert, und er folgert: »Wir dürfen nicht verlernen, in unseren alltäglichen Bezügen außerhalb der Kirche als Menschen des Glaubens unterwegs zu sein.« So könne man »mit dem Glauben im Herzen hören«, was Menschen denken, wonach sie sich sehnen und wie sie Glauben und Kirchen wahrnehmen«.

Weniger Ballast, mehr Liebe

Schlussendlich wagt der in den Ruhestand gehende Bischof einen vorsichtigen Blick in die Zukunft. Er sehe in dieser Zukunft Gemeinden, die bedeutsam seien für ihre Umgebung, was aber ganz verschieden aussehen könne. Es könnten kleine Gemeinden sein oder große, traditionelle oder progressive, solche mit langer Geschichte oder ganz jung und etwas ungestüm, in schönen Gebäuden oder in gemütlichen Wohnzimmern. Sie teilten auf »unterschiedliche Weisen ihr Leben mit Christus mit den Menschen um sie herum«, dass etwas spürbar werde von Gottes Liebe«.

Die Kirche solle »leichter« unterwegs sein mit »weniger Ballast an komplizierten Strukturen, weniger Aufwand für Gebäudeerhalt, weniger Konflikten und Streitereien, weniger Bedenkenträgern«. Es gebe in dieser Zukunft eine gut ausgestattete, konferenzübergreifend arbeitende Verwaltungsstruktur. Dadurch würden Gemeinden im administrativen Bereich entlastet, sodass Energie für andere Dinge freiwerde, so Rückert. Entscheidend sei, dass die EmK in der Zukunft nicht an Selbsterhaltung interessiert sei, sondern an den Menschen um sie herum.

 

Weiterführende Links

Der Bericht des Bischofs liegt gedruckt als Heft 48 in der Reihe »EmK-Forum« vor.

 

Der Autor

Michael Putzke lebt in Bremen. Er ist Pastor der Evangelisch-methodistischen Kirche und leitet die Redaktion des zweiwöchentlich erscheinenden Kirchenmagazins »unterwegs«. Kontakt: redaktion(at)emk.de

Zur Information

Der Abschlussgottesdienst am Sonntag, 16. Februar, 10 Uhr, wird per Internet übertragen. In diesem Gottesdienst findet die Amtseinführung des neuen Bischofs Werner Philipp sowie die Entpflichtung von Bischof Harald Rückert statt. Die Predigt hält der neue Bischof.

Die außerhalb der Vereinigten Staaten befindlichen Gebiete der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) sind in Zentralkonferenzen organisiert. In Europa sind dies die Zentralkonferenz Mittel- und Südeuropa, die Zentralkonferenz Nordeuropa und Eurasien sowie die Zentralkonferenz Deutschland. Weitere Zentralkonferenz-Gebiete gibt es in Afrika und Asien.

Die Zentralkonferenzen sind der Generalkonferenz, dem weltweit höchsten Kirchenparlament der EmK, nachgeordnet und für die jeweilige Region zuständig. Sie tagen alle vier Jahre, um formale, finanzielle und manche die Ordnung der Kirche betreffende Entscheidungen zu treffen. In Deutschland entsenden die Norddeutsche Jährliche Konferenz, die Ostdeutsche Jährliche Konferenz und die Süddeutsche Jährliche Konferenz Delegierte, je zur Hälfte Pastoren bzw. Pastorinnen und Laien. Darüber hinaus findet im Rahmen der Zentralkonferenz die Bischofswahl oder die Verlängerung der Amtszeit des Bischofs oder der Bischöfin statt. Die Wahl ins Bischofsamt gilt in der Zentralkonferenz Deutschland für zunächst vier Jahre. Eine Wiederwahl für weitere acht Jahre ist möglich. Die maximale Amtszeit beträgt zwölf Jahre. Bischof Harald Rückert ist seit 2017 im Amt und tritt nach der in Würzburg stattfindenden Zentralkonferenz in den Ruhestand.