Süddeutsche Jährliche Konferenz Von Klaus Ulrich Ruof  | 

Kirche neu denken und erste Schritte gehen

Mit einer außerordentlichen »Digitalkonferenz« schnürten die Mitglieder der Süddeutschen Jährlichen Konferenz kurz vor Weihnachten noch ihr Reformpaket.
Rund zwanzig Personen am Übertragungsort in der Herrenberger Christuskirche und gut dreihundert Empfangsorte in Süddeutschland. Mit einer außerordentlichen »Digitalkonferenz« schnürten die Mitglieder der Süddeutschen Jährlichen Konferenz kurz vor Weihnachten noch ihr Reformpaket.
Bildnachweis: Linus Conzelmann
Weil »weiter so« keine Option ist, sucht die Süddeutsche Jährliche Konferenz der EmK nach neuen Wegen. Das Reformpaket dafür ist geschnürt.
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Die Süddeutsche Jährliche Konferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) fasst weitreichende Beschlüsse, um den vor einem halben Jahr beschlossenen Reformprozess umzusetzen. Das ist das Ergebnis einer außerordentlich einberufenen Tagung, die am gestrigen 17. Dezember, dem Samstag vor dem vierten Advent, per Internetübertragung stattfand. Schwerpunkt der eintägigen Beratung waren ausführliche Informationen über die zwischenzeitlich in mehreren Themenbereichen erarbeiteten Vorlagen, mit denen der Reformprozess an diesem Tag durch konkrete Beschlüsse weiter an Fahrt aufnehmen sollte.

»Weiter so« ist keine Option

»Wir merken, dass unser Auftrag als Kirche und die Wirklichkeit als kleiner werdende Kirche auseinanderklaffen«, erklärt Tobias Beißwenger die Notwendigkeit für den Reformprozess. Der für den Distrikt Reutlingen zuständige Superintendent betont außerdem, dass die Corona-Pandemie vielen Gemeinden zugesetzt und die Lage verschärft habe. Hinzu kämen in den nächsten Jahren starke Ruhestandsjahrgänge unter den Hauptamtlichen, sodass viele Gemeinden ohne Pastor auskommen müssten. »Ein ›Weiter so‹ ist keine Option«, sagt Beißwenger in aller Deutlichkeit. Es seien klare Antworten nötig, wofür die Evangelisch-methodistische Kirche als Ganzes stehe, und wie die einzelnen Gemeinden ihren Auftrag für die Menschen in ihrer jeweiligen Umgebung leben wollten. Deshalb habe sich die EmK in Süddeutschland auf diesen Veränderungsprozess eingelassen, der unter dem Titel steht »Change – Kirche gemeinsam gestalten«.

Für die Menschen relevant sein

Mit den Beschlüssen des gestrigen Tages gestaltet die EmK in Süddeutschland ihren Reformprozess in sogenannten Handlungsfeldern. Unter Stichwörtern wie »Inhaltliche Ausrichtung«, »Angebote«, »Ehrenamt«, »Standortentwicklung«, »Strukturen und Prozesse«, »Personal und Führung« und »Finanzen« sind umfassende Schritte angestoßen worden. Die alles umfassende Zielformulierung lautet dabei: »Wir sind eine Kirche, die konsequent auf den Dreiklang ›Gemeinschaft mit Gott, mit den Nächsten und mit mir selbst‹ setzt und so für uns Menschen relevant sein will.« Die über die Handlungsfelder entstehenden Aktivitäten sowie die gesamte kirchliche Arbeit soll diesem Ziel dienen.

Kreative Kräfte freisetzen

Für die inhaltliche Arbeit am Reformprozess ist beispielsweise ein 40-Tage-Kurs für die Gemeinden mit dem Titel »Kurswechsel« in Vorbereitung. Anhand von vierzig Kurztexten über Aufbrüche sollen Gespräche über »Gemeinsam neue Wege entdecken« in Gang kommen. Allen Gemeinden wird empfohlen, diesen Kurs im kommenden Jahr durchzuführen. Die Kursteilnahme solle dazu inspirieren, »Menschen zu verbinden und Mut zur Veränderung und Gestaltung der Kirche zu machen«, heißt es im Vorschlag der Arbeitsgruppe.

Viel diskutiert war der Vorschlag aus dem »Handlungsfeld Angebote«, alternative Gottesdienstformate auszuprobieren. Dabei sollten mit Anregungen aus einem Ideenpool zwischen April und Oktober des kommenden Jahres an zehn Sonntagen alternative Gottesdienstformate anstelle des traditionellen Sonntagsgottesdienstes durchgeführt werden. Schlussendlich einigten sich die Konferenzmitglieder auf »mindestens vier« alternative Gottesdienste im genannten Zeitraum. Die Arbeitsgruppe sieht in diesem Ansatz die Möglichkeit, »dass Gott uns selbst und auch unsere Mitmenschen in neuen Formen ganz anders und ganz neu begegnen möchte«. Außerdem würden »durch neue Formen gewohnte Muster unterbrochen«, sodass »neue kreative Kräfte freigesetzt und gestärkt werden«. »Gemeinschaft und Beziehungen« könnten durch diese neuen Formen »auf eine andere Art und Weise erlebt werden«. Für Gemeinden, die neu in ihre Umgebung aufbrechen wollten, sei das ein vielversprechendes Übungsfeld.

Personalentwicklung für Ehrenamtliche und Hauptamtliche

Neben organisatorischen, inhaltlichen und strukturellen Vorschlägen richteten zwei Arbeitsgruppen ihr Augenmerk auf Personen, die für das Gelingen der Veränderungsprozesse besonders wichtig sind. Personen im Ehrenamt galt dabei auch die Aufmerksamkeit, weil ehrenamtliche Mitarbeit in den Gemeinden bei weiter sinkenden Zahlen von Pastoren und Pastorinnen besonders wichtig ist. Im »Handlungsfeld Ehrenamt« sollen deshalb Rahmenbedingungen erfasst werden, unter denen Personen die ehrenamtliche Mitarbeit »attraktiv, sinnvoll, sinnstiftend und gabenorientiert« leben können. Für Personen, die sich freiwillig engagieren, brauche es verlässliche Begleitung und Förderung, weshalb schon in den Gemeinden der Gewinnung von ehrenamtlichen Mitarbeitern und der Koordination von ehrenamtlicher Mitarbeit besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden soll.

Neben anderen Kirchen ist auch die EmK mit der Situation konfrontiert, dass immer weniger Personen in den hauptamtlichen pastoralen Dienst gingen. Auf Vorschlag aus der Gruppe »Handlungsfeld Personal« beschlossen die Mitglieder der digitalen Konferenztagung eine Professionalisierung der Personalverwaltung und der Gewinnung von Personal. Dafür wird eine Referentenstelle geschaffen, die auf dem Bewerbungsmarkt und für den Bewerbungsprozess einen einheitlichen Auftritt entwickelt und eine professionelle Betreuung aller Mitarbeitenden sicherstellt. Sie unterstützt die Superintendenten und den Bischof bei der Personalplanung sowie der Personalentwicklung für den Bereich der Süddeutschen Jährlichen Konferenz.

Die Menschen von heute erreichen

Mit dem gestrigen Tag ging auch der Internetauftritt »www.emk-sjk-change.de« online, mit dem der Veränderungsprozess begleitet wird. Dort sind neben den oben genannten Handlungsfeldern auch alle anderen aufgeführt. Ab sofort werden dort fortlaufend Inhalte, Ergebnisse und Impulse eingefügt und weiter ausgebaut. Im Grußwort schreibt Harald Rückert, der für Deutschland zuständige Bischof der EmK, dass es darum gehe, nach neuen Formen und Ausdrucksweisen von Kirche Ausschau zu halten, »die Menschen von heute entsprechen und erreichen«. Die Menschen und die Gesellschaft veränderten sich zwar rasant, aber, so der Bischof: »Das Evangelium bleibt.« Weil es »Gottes Sache« sei, »dürfen wir mutig und risikobereit werden«. So sei es möglich, »Kirche neu zu denken und erste Schritte zu gehen«. Und weiter: »Mit Glauben, Hoffnung und Liebe wird es uns gelingen, in den zunächst verunsichernden Zumutungen Gelegenheiten zu entdecken, die Lust machen, gemeinsam mit anderen, eine Kirche in Bewegung zu gestalten.«

Stefan Kettner, Superintendent für den Distrikt Heidelberg und zusammen mit Tobias Beißwenger einer der beiden Sprecher des Reformprozesses, sieht am Ende des beschlussreichen Tages den eingeschlagenen Weg positiv. Er habe schon einiges gesehen, »was seit Sommer alles entstanden ist«. Erste Gemeindebezirke seien schon »zusammengerückt«, und »neue Angebote wurden geschaffen und neue Formen von Gemeinden werden erprobt«. Er sei »zuversichtlich, weil Jesus Christus der Herr ist – auch der Herr unserer Kirche«.

 

Weiterführende Links

Change – Kirche gemeinsam gestalten  
Internetauftritt der Süddeutschen Jährlichen Konferenz

Der Autor

Klaus Ulrich Ruof ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher für die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main. Kontakt: oeffentlichkeitsarbeit(at)emk.de

Zur Information

Die Süddeutsche Jährliche Konferenz ist ein Kirchenparlament der Evangelisch-methodistischen Kirche. Ihr Zuständigkeitsbereich umfasst die Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland sowie Teile Nordrhein-Westfalens. Sie gliedert sich in die vier Distrikte Heidelberg (Superintendent Stefan Kettner), Nürnberg (Superintendent Markus Jung), Reutlingen (Superintendent Tobias Beißwenger) und Stuttgart (Superintendentin Dorothea Lorenz). Das Kirchenparlament hat rund 450 Mitglieder. Es ist verantwortlich für die Arbeit von 221 Gemeinden mit 25.915 Kirchengliedern und Kirchenangehörigen (Stand 31.12.2021). www.emk-sjk.de